Newsletter - 2. Sonderausgabe August 2015

Berufsbild sorgt für neues Selbstverständnis bei Kunsttherapeuten

Sehr positiv fällt das Fazit aus, das Dietrich von Bonin nach vier Jahren Höhere Fachprüfung für Kunsttherapeuten zieht. Als Präsident der Qualitätssicherung der Organisation der Arbeitswelt Konferenz der Schweizer Kunsttherapieverbände OdA KSKV/CASAT begrüsst er es insbesondere, dass durch das eidgenössische Diplom ein neues berufliches Selbstverständnis unter den Kunstherapeutinnen und -therapeuten entstanden ist.

Das eidgenössische Diplom für Kunsttherapeuten ist jetzt vier Jahre alt. Wie hat sich die Einführung der Höheren Fachprüfung auf die Kunsttherapie in der Schweiz ausgewirkt? 

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Dietrich von Bonin ist diplomierter Kunsttherapeut (ED), Fachrichtung Drama- und Sprachtherapie, und Master of Medical Education MME der Universitäten Bern und Chicago. Als Präsident der Qualitätssicherungskommission begleitet er die Entwicklung der Höheren Fachprüfung in Kunsttherapie von Anfang an. 

Positive Auswirkungen der Höheren Fachprüfung lassen sich auf mehreren Ebenen beobachten:

  1. Kunsttherapie ist ein anerkannter Beruf geworden. Dies wird bei Anstellungen zunehmend berücksichtigt. Die Schweiz ist das erste Land der Welt mit einem gemeinsamen berufsqualifizierenden Diplomabschluss für Kunsttherapeutinnen und -therapeuten aller Fachrichtungen.

  2. Dadurch, dass wir jetzt als anerkannter Berufsstand auftreten und agieren, sind die Verhandlungen mit Kantonen, Krankenkassen und Registrierungsstellen einfacher geworden.

  3. Der durch das Projekt initiierte Dialog unter den Fachrichtungen hat ein neues berufliches Selbstverständnis der Kolleginnen und Kollegen geschaffen, die sich jetzt mehr als Teil eines grösseren Ganzen sehen.

Wie geht es weiter? Welche Themen stehen bei der OdA KSKV/CASAT jetzt im Vordergrund?

Nach aussen steht die Information der Öffentlichkeit über den neuen Titel weiterhin ganz oben auf unserer Agenda. Das Berufsbild ist für manche Akteure noch ungewohnt. So bestehen Missverständnisse über das Verhältnis von individuellen Hochschulabschlüssen in Kunsttherapie (ohne berufsrechtliche Anbindung) zur Höheren Fachprüfung. Die Höhere Fachprüfung ist der durch Verbände, Ausbildungsinstitute und Abnehmer gemeinsam erarbeitete, eidgenössische Diplomabschluss mit Eintrag im Berufsregister des SBFI (Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation).

Intern ist die OdA KSKV/CASAT daran, kunsttherapeutische Supervision und Lehrtherapie klar und verbindlich zu reglementieren und den Gesamtauftritt zu erneuern. Weitere Themen sind Forschung und Theoriebildung im Dialog mit benachbarten Therapierichtungen.

Als Präsident der Qualitätssicherungskommission der OdA KSKV/CASAT sind Sie für die Organisation und Durchführung der Höheren Fachprüfung zuständig. Welche Veränderungen hat es nach Einführung des Diploms für Kunsttherapeuten bei den Bildungsanbietern gegeben?

Heute gelten durch die Vorgaben in acht Modulen, mit klarer Definition der Kompetenzen und Stundenzahlen, gleich lange Spiesse für alle 17 definitiv anerkannten Ausbildungsinstitute. Diese Regelung gilt für alle privaten und öffentlichen Bildungsgänge in Kunsttherapie. Deren Studierende streben heute in der Regel das eidgenössische Diplom an.

Die OdA KSKV/CASAT ist den beteiligten Instituten dankbar für den fruchtbaren Dialog im Rahmen des Anerkennungsverfahrens. Auch mit den Anbietern von Nachdiplomstudiengängen finden Gespräche statt. Diese können ihren Studienabgängern durch die Anerkennung als Modulanbieter sowohl den eigenen Abschluss als auch einen direkten Zugang zur Höheren Fachprüfung ermöglichen.

Sie sind auch Mitglied des Fachbeirats des EMR. Warum? Wie erleben Sie das EMR?

Ich schätze das EMR als wandlungsfähige Qualitätssicherungsstelle, deren Bedeutung in Zukunft aus meiner Sicht weiter zunehmen könnte. Als Partner der Organisationen der Arbeitswelt und der Krankenkassen steht das EMR für neutrale Einschätzungen. So wird es eine wichtige Aufgabe sein, die hinter der zunehmenden Anzahl von Abschlüssen steckende, effektive Qualifikation der Studienabgänger zu belegen. Auf Seite der Kostenträger sind die Angebote mancher Krankenversicherer in der Zusatzversicherung heute noch zu wenig transparent und nachvollziehbar. Bei dieser Entwicklung kann das EMR eine wichtige Rolle spielen. Der Fachbeirat ist nach meiner Wahrnehmung dabei, sich zu einem Dialogforum engagierter Akteure zu entwickeln.

« Ich schätze das EMR als wandlungsfähige Qualitätssicherungsstelle. »

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der Schweizer Erfahrungsmedizin ein? Wird irgendwann der gesamte Markt einer Berufsreglementierung unterworfen sein?

In der Vernehmlassung zum Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe im letzten Jahr äusserten verschiedene Akteure den Wunsch, auch die Abschlüsse auf Stufe Tertiär B im Gesundheitswesen diesem Gesetz zu unterstellen, was im Entwurf nicht vorgesehen ist. Mit der HFP besitzt die Kunsttherapie einen solchen Berufsabschluss. Dieser ist bisher in keinem entsprechenden Gesetz enthalten und auch in den meisten Kantonen nicht einer Bewilligungspflicht zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung unterstellt.

Dadurch entstehen einerseits konkrete Nachteile wie zum Beispiel bei der Mehrwertsteuer. Andererseits würde gegenwärtig eine an die HFP gebundene Bewilligungspflicht zu einem untragbaren Druck für viele langjährig tätige Kunsttherapeutinnen und Kunsttherapeuten führen und das Angebot verzerren.

Der ganze Markt befindet sich in dynamischer Entwicklung. Ob dabei weitere gesetzgeberische Aktivitäten sinnvoll oder notwendig werden, hängt unseres Erachtens auch von der Fähigkeit dieses Marktes ab, sich selbst transparente Strukturen zu geben und verlässliche Dienstleistungen anzubieten. Die OdA KSKV/CASAT verfolgt die weitere Entwicklung der Situation aufmerksam und im Dialog.


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